Umwelt als Soziale Determinante von Gesundheit

Wer arm ist, lebt häufiger in einer Umwelt, die krank macht. In Deutschland entscheidet der soziale Status darüber, in welchem Umfang Kinder, Jugendliche und Erwachsene Belastungen durch Umweltschadstoffe und damit umweltbezogenen Erkrankungen ausgesetzt sind.

Wenn wir an Umwelt denken, denken wir oft an Grünflächen, Bäume oder Wasser.

Die gebaute Umwelt ist dagegen ein physisch-materiell gestalteter Raum, der im Gegensatz zur natürlichen Umwelt auch als zweite Umwelt oder Natur bezeichnet wird. Elemente der gebauten Umwelt sind z.B. Städte, Infrastruktureinrichtungen (Eisenbahn, Straßen, Autos), Landesgrenzen, aber auch künstliche Landschaften wie Freizeitparks und Shopping Center. In der gebauten Umwelt wird die natürliche Umwelt in vielfältiger Form reorganisiert, z.B. durch Parkanlagen, Klimaanlagen, Kunstlicht und Springbrunnen. 

Auch die gebaute Umwelt hat Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen. Beispielsweise werden Wahrnehmungsvermögen, sozialer Zusammenhalt, Erreichbarkeit und körperliche Aktivität durch die Qualität und die Gestaltung der gebauten Umwelt entscheidend beeinflusst. 

Chemische und biologische Schadstoffe in der Atemluft, in Produkten oder der Nahrung, Lärm, Feinstaub, Ozon und UV-Strahlung können darüber hinaus für chronische und komplexe Erkrankungen wie Asthma, Allergien, Krebserkrankungen und Bluthochdruck mit verantwortlich sein. Nach vorsichtigen Berechnungen des Umweltbundesamtes können in Deutschland jährlich im Durchschnitt ca. 40.000 vorzeitige Todesfälle aufgrund akuter Atemwegserkrankungen, kardiopulmonaler Erkrankungen und Lungenkrebs auf die Feinstaubbelastung der Menschen zurückgeführt werden. Starke Umweltbelastungen und mangelnde Einflussmöglichkeiten darauf verursachen können darüber hinaus chronischen Stress bei den Betroffenen. 

Lärm, Luftschadstoffe, eine geringe Ausstattung mit Grün- und Freiflächen, große Ausfallstraßen kombiniert mit mangelnder öffentlicher Infrastruktur (insbesondere schlechter Anbindung an den ÖPNV) sind umweltbezogene Belastungen, die sich vor allem in ärmeren Stadtteilen häufen. 

Fabriken, Kraftwerke, Tanklager, Raffinerien, Mülldeponien und -verbrennungsanlagen finden sich räumlich äußerst selten in Stadtteilen in denen reichere Menschen leben.

Die Gestaltung und Umsetzung von gebauter Umwelt erfolgt anhand von Ideologien, planerischen oder architektonischen Vorstellungen, Leitbildern, Funktionalität oder Ästhetik. Diese sind seit Jahrhunderten durch Macht und Wirtschaftsinteressen geprägt. Resultat sind räumlich und sozial gespaltene Städte.

Innerhalb von Hamburg leben Menschen aus Blankenese über 10 Jahre länger als Menschen aus Wilhelmsburg.

In Deutschland steht die Auseinandersetzung um die soziale Ungleichheit bei umweltbezogenen Gesundheitsbelastungen noch am Anfang. In der öffentlichen Gesundheitsberichterstattung taucht eine systematischen Beschreibung der sozialen Verteilung umweltbezogener Expositionen nicht auf.

In Hamburg gibt es dagegen eine lange Tradition von Selbstorganisation und Protest um das Thema Umwelt. Die Umweltschutzgruppe Physik/Geowissenschaften, die Informationsstelle Arbeit und Gesundheit, der  Förderkreis „Rettet die Elbe“, der Förderverein Umweltschutz Unterelbe, die Bürgerinitiative FORUM Wilhelmsburg und der Verein „Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg“ stehen in einer Reihe von Initiativen, die das Thema Umweltgerechtigkeit in Hamburg gesetzt und stark geprägt haben.